Im Palazzo dell' Archiginnasio, wo einst die älteste Universität Europas ihren Sitz hatte, kann man heute einen Blick in längst vergangene Zeiten werfen. Bei einem Rundgang durch die historischen Räumlichkeiten findet man unter anderem das berühmte Teatro anatomico.
Was sich dahinter verbirgt und was diesen Saal so besonders macht, erfahrt ihr in diesem Artikel!
Für viele Besucher ist es vor allem das anatomische Theater, das die alte Universität von Bologna zu einem Anziehungspunkt macht: Sie wollen den weißen Marmortisch in der Mitte des Raumes betrachten, der in der Vergangenheit für schaurige Untersuchungen verwendet wurde.
Errichtet wurde das Teatro anatomico 1637 von dem Bologneser Architekten Antonio Levanti. Eine prachtvolle Kassettendecke und mehrere Statuen schmücken den vollständig mit Holz ausgekleideten Raum, in dessen Mitte sich der berühmte Seziertisch befindet.
Konstruiert wurde der Saal, um den Studenten der medizinischen Fakultät die Grundlagen der Anatomie auf authentische Art und Weise näherzubringen. Schau-Obduktionen erachtete man hierfür als die beste Möglichkeit.
Im zweiten Weltkrieg wurde der Anatomiesaal schwer beschädigt. Unmittelbar danach konnten die ursprünglichen Holzskulpturen jedoch aus den Trümmern geborgen, und für den anstehenden Wiederaufbau genutzt werden. Heute zählt das Teatro anatomico zu den ältesten erhaltenen anatomischen Theatern der Welt.
Der Anatomie-Saal
Seinen Namen verdankt das Teatro anatomico der charakteristischen Form, die an ein Amphitheater erinnert. Man kleidete den gesamten Raum mit Pinienholz aus, da dieses in der Lage ist, unangenehme Gerüche zu absorbieren. Sowohl die Wände, als auch die Decke wurden mit massiven Holzstatuen verziert, welche unter anderem zwölf namenhafte Ärzte, darunter auch Hippokrates, darstellen.
Die hölzerne Kanzel wird von den sogenannten Spellati flankiert: Zwei Statuen, die mit Muskeln umhüllte Skelette zeigen. Sie wurden 1734 nach einem Entwurf von Ercole Lelli geschaffen und tragen die über dem Baldachin befindliche weibliche Allegorie der Anatomie.
Die eindrucksvolle Kassettendecke ist mit mehreren Figuren verziert, die die verschiedene Sternbilder widerspiegeln. In ihrer Mitte wacht Apollo, der Schutzgott der Medizin. Die Darstellung soll an einen uralten Brauch erinnern: Vor etlichen Jahren fragte man vor der Durchführung von Operationen und Medikationen nämlich zunächst die Sterne um Rat. Bis zum Ende des siebzehnten Jahrhunderts war die Astrologie übrigens auch ein Studienfach an der Universität von Bologna.
Die Obduktionen
Im schwachen Lichtschein alter Kerzenleuchter wurden die toten Körper auf dem weißen Marmortisch geöffnet. Die Sezierungen fanden nachts, und ausschließlich in den Wintermonaten statt. Von ihren Sitzbänken aus konnten die jungen Studenten die schauderhaften Eingriffe beobachten, die allesamt unter der Leitung des Professors und eines Assistenten durchgeführt wurden. Oftmals stammten die Leichen von Menschen, die zuvor zur Hinrichtung verurteilt wurden.
Oberhalb der Sitzbänke, genau gegenüber der Kanzel gelegen, befand sich seinerzeit außerdem der Sitz des Inquisitors: Von hier aus beobachtete er die Untersuchungen und bewertete das Geschehen aus religiöser Sicht.
Ein Besuch des Teatro Anatomico ist auf jeden Fall empfehlenswert! Es ist ein beeindruckender Ort mit interessanter Atmosphäre.
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